Einflussgrößen und Störfaktoren bei klinisch-chemischen Analyse
Einflussgrössen nennt man alle Mechanismen, die in vivo zu einer Veränderung der Konzentration des Analyts führen. Dazu gehören u.a.:
- Unveränderliche Einflussgrössen sind Erbfaktoren, Geschlecht und Alter des Patienten sowie Zugehörigkeit zu einer ethnischen Rasse. Auf unseren Befundberichten sind die Normbereiche daher alters- und geschlechtsspezifisch angepasst, soweit es erforderlich ist.
- Beeinflussbare Einflussgrössen sind z.B. Körpergewicht, Ernährung und Lebensgewohnheiten des Patienten. Bei starken Rauchern findet man z.B. einen Anstieg des CO-Hämoglobins, der eine Raucherpolyglobuli indizieren kann sowie ein erhöhtes CEA. Übermässiger Alkoholgenuss führt zu einem Anstieg von Y-GT, Transaminasen, MCV und CDT sowie zur Abnahme von Folsäure und Magnesium. Starke körperliche Aktivität kann zu einen deutlichen Anstieg der Creatinkinase führen.
- Weiterer Einflussgrössen sind zahlreiche Medikamente, die insbesondere den Leber- und Nierenstatus beeinflussen.
Auch die Körperlage des Patienten zum Zeitpunkt der Blutentnahme ist eine mögliche Einflussgrösse: Beim stehenden Patienten erfolgt ein Austritt von Flüssigkeit in das Interstitium, der zu einem Anstieg von Blutzellen und Proteinen um bis zu 10% Prozent im Vergleich zum liegenden Patienten führen kann. Ebenso wird die Ausschüttung bestimmter Hormone beim Wechsel zur aufrechten Körperhaltung stimuliert. - Bei der Blutentnahme ist darauf zu achten, dass die Stauzeit auf unter 2 Minuten reduziert wird, um eine zu starke Erhöhung des Venendrucks mit darauf folgender Verlagerung kleinmolekularer Bestandteile in den Extravasalraum zu verhindern.
Nach der Blutentnahme führt eine zu lange Lagerung von Vollblut vor der Analytik zu einer Veränderung mehrerer Parameter: Kalium z.B. tritt aus den Blutzellen in das Plasma über, was zu einer deutlichen Erhöhung der Kaliumwerte führt. Glukose hingegen sinkt durch den Stoffwechsel der Blutzellen fortlaufend ab. - Verschiedene Parameter haben eine tageszeitabhängige Rhythmik, beispielsweise ist der Cortisolspiegel um Mitternacht am niedrigsten und die Wachstumshormon-Sekretion schwankt um bis zu 300 %.
- In der Schwangerschaft gibt es viele typische Veränderungen von Blutparametern. Die Verlaufsparameter HCG, Östriol, AFP zeigen ebenso wie die Hormone Progesteron, Prolaktin und Oxitocin schwangerschaftstypischen Verläufe. Die alkalische Phosphatase steigt durch die Bildung der Placenta-AP, Hämatokrit und Serumeisen steigen, ebenso steigen Cholesterin und Triglyceride passager.
- Störfaktoren bewirken in vitro eine deutliche Abweichung zwischen dem Analysenresultat und dem tatsächlichen in-vivo-Wert. Typische Störfaktoren sind Hämolyse, Ikterus und Lipämie. Alle Vorgänge, die zu einer Hämolyse von Erythrozyten und Thrombozyten führen, müssen vermieden werden. Daher sollte eine Probentransport-Temperatur von 15° – 25° C bei einer Transportdauer bis zu einigen Stunden gewährleistet sein. Tieffrieren der Probe oder gekühlter Probentransport kann erforderlich sein. Hierzu finden Sie Hinweise in Analytik A-Z im Bemerkungsfeld.
- Auch die Verwendung falscher Antikoagulantien kann die Analyse einiger Parameter stören. Näheres finden Sie in der unten folgenden Tabelle. Die Wahl der richtigen Entnahmeröhrchen ist daher unbedingte Voraussetzung für eine exakte Analytik. Das geeignete Probenmaterial finden Sie in der entsprechenden Rubrik unter Analytik A-Z.
- Bei Patienten mit bekannten Gammopathien kann die Analyse der folgenden Parameter gestört werden: Blutzucker, Gesamt- und direktes Bilirubin, Lipase, Eisen, Phosphat, Rheumafaktur u.a..
Einen Überblick über die häufigsten Einflussgrössen und Störfaktoren bei den in unserer Facharztpraxis durchgeführten klinisch-chemischen Analysen gibt die folgende Tabelle:
Einflussgrößen und Störfaktoren bei klinisch-chemischen Analysen
Analyt | Hämolyse | Lipämie | Ikterus | Medikamente | EDTA | Citrat | NAF | Heparin | Ascorbinsäure | Gammopathie |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Blutzucker | X | X | X | X | ||||||
Gesamt-Cholesterin | X | X | X | X | ||||||
Triglyceride | X | X | X | X | X | X | ||||
HDL-Cholesterin | X | X | X | |||||||
LDL-Cholesterin | X | X | X | |||||||
Gesamt-Bilirubin | X | X | X | X | ||||||
Bilirubin direkt | X | X | X | X | X | X | ||||
GOT | X | X | X | X | ||||||
GPT | X | X | X | |||||||
GGT | X | X | ||||||||
Alk. Phosphatase | X | X | X | X | X | |||||
Cholinesterase | X | X | X | X | ||||||
GLDH | X | X | X | |||||||
Lipase | X | X | X | X | X | |||||
Amylase | X | X | X | |||||||
Kreatinin | X | X | X | X | ||||||
Harnstoff | X | X | X | X | nur Lithium-H. verwendbar | |||||
Harnsäure | X | X | X | |||||||
Saure/Prostata Phosphatase | X | X | X | X | X | X | X | X | X | |
CK | X | X | X | X | X | |||||
CKMB | X | X | X | X | X | X | X | |||
LDH | X | X | X | X | ||||||
HBDH | X | X | X | X | ||||||
Eisen | X | X | X | X | X | X | ||||
Transferrin | X | X | X | |||||||
Na / K / Cl | X | X | X | X | X | X | nur Lithium-H. verwendbar | |||
Calcium | X | X | X | X | X | nur Ammonium-H. verwendbar | ||||
Phosphat | X | X | X | X | X | |||||
CRP | X | X | X | |||||||
Rheumafaktor | X | X | X | nur Lithium-H. verwendbar | X | |||||
Gesamteiweiß | X | X | X | |||||||
IgA / IgG / IgM | X | X | X |
X = Analyse gestört
Literaturangabe: Reagenzinformation Beckman Coulter